(BIAJ) Warum (und auf welcher rechtlichen Grundlage) wird der Kreis der „Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive" für beitragsfinanzierte „Einstiegskurse" (Sprachkurse) der Bundesagentur für Arbeit (BA) anders (enger) abgegrenzt als für steuerfinanzierte „Integrationskurse" des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF)? Liegt es an den weisungsbefugten Bundesministerien, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) für die BA und dem Bundesinnenministerium (BMI) für das BAMF oder an fehlender Abstimmung?

Bundesagentur für Arbeit (BA): Für „Einstiegskurse für Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive" (Sprachkurse) heißt es im Internet-Auftritt der BA: „Förderfähig sind Personen, die aus folgenden Herkunftsländern stammen: Syrien, Eritrea, Irak, Iran. Sollten ggf. noch weitere Herkunftsländer hinzukommen, wird die Liste umgehend ergänzt." Alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus anderen Herkunftsländern gelten als „nicht förderfähig". Grundlage dieser Abgrenzung (Ausgrenzung): Eine E-Mail des BMAS vom 27. Oktober 2015 an die Zentrale der BA . (hier: BMAS20151027)

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Der förderfähige Personenkreis für die „Integrationskurse" des BAMF („Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive") umfasst ebenfalls die vier genannten Herkunftsländer. Allerdings sind Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus anderen Herkunftsländern nicht generell von der Teilnahme an „Integrationskursen" des BAMF ausgeschlossen. Sie können teilnehmen wenn sie „eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG" besitzen. (http://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2015/20151202-november-bilanz.html?nn=1367522) Diese kleine Öffnung fehlt in der E-Mail des BMAS an die Zentrale der BA (siehe oben).

Anmerkung: Die Bezugnahme auf die „Gesamtschutzquote" des Herkunftsstaates ist willkürlich und ausgrenzend. Unklar ist zudem (!) der Bezugszeitraum für die Berechnung der offensichtlich unbereinigten „Gesamtschutzquoten"? Das Beispiel der unbereinigten „Gesamtschutzquote" des „derzeit" ausgeschlossenen Herkunftsstaats (Herkunftsland) Afghanistan macht dies deutlich. (siehe BIAJ-Tabelle unten) Die unbereinigte "Gesamtschutzquote" betrug in den lezten vier Monaten von August bis November 2015 rechnerisch 57,1 Prozent. Die unbereinigte "Gesamtschutzquote" lag damit nach Berechnung des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) für das Herkunftsland Afghanistan deutlich über 50 Prozent! (Anmerkung: Die unveröffentlichten "bereinigten Gesamtschutzquoten" liegen deutlich über den veröffentlichten "unbereinigten Gesamtschutzquoten". Bei der Berechnung "bereinigter Gesamtschutzquoten" bleiben die "formellen Entscheidungen" - keine inhaltliche Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über die Asylgründe z.B. wegen fehlender Zuständigkeit - unberücksichtigt.)

afghanistan 112015


Nachtrag: Antwort der Bundesregierung (Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Günter Krings) auf eine Frage der Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer (Bündnis 90/Die Grünen) in der Anlage 10 zum Plenarprotokoll der Bundestagssitzung am 16. Dezember 2015: Auszug_Plenarpotokoll_20161216