(BIAJ) „82 Prozent der jungen Bremerinnen und Bremer …“? Stimmt das, was der Weser-Kurier (1) und andere (2) unter Berufung auf die Veröffentlichung „Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich 2019“ der Statistischen Bundes- und Länderämter berichteten? „In Bremen wollen besonders viele junge Menschen eines Bevölkerungsjahrgangs einen hohen Bildungsabschluss machen: Laut einer Studie der Statistischen Bundes- und Landesämter strebten 82 Prozent der jungen Bremerinnen und Bremer im Untersuchungsjahr 2017 ein Hochschulstudium oder eine hochqualifizierte Meister-, Techniker- oder Erzieherausbildung an.“ (Weser-Kurier, „Bremer streben hohe Abschlüsse an“, 11.09.2019 Online und 12.09.2019, S. 11)

Die Anfängerquote im Land Bremen von „82 Prozent“ (bzw. 82,3 Prozent) in Spalte „Anfängerinnen und Anfänger im Tertiärbereich zusammen“ (ISCED 5-7) Tabelle B4.3 („Anfängerquote im Tertiärbereich 2017 nach ISCED-Stufen und Orientierung der Bildungsprogramme in %“) (4) ist korrekt genannt, aber sie wurde mit „82 Prozent der jungen Bremerinnen und Bremer“ falsch interpretiert. Die (unbekannte) Anfängerquote (Tertiärbereich ISCED 5-7) "der jungen Bremerinnen und Bremen" liegt weit unter diesen 82 Prozent“. Warum?

„Bei den nachgewiesenen Anfängern in ISCED 5 - 7 sind alle Anfänger in Bremen (Land) nach Alter enthalten, unabhängig davon ob Sie in Bremen (Land) oder ggf. im Umland wohnen (Zähler). Eine Unterscheidung nach Wohnort ist anhand der vorliegenden Daten nicht möglich." (5) (Erläuterung von Destatis nach BIAJ-Anfrage)

Und zur „Interpretation des Indikators“, der „82 Prozent Anfängerinnen und Anfänger im Tertiärbereich“ im Land Bremen (bei 60,0 Prozent in der Bundesrepublik Deutschland): „Bezugsgröße für die Berechnung des Indikators zu den Anfängerquoten im Tertiärbereich ist die altersspezifische Wohnbevölkerung im jeweiligen Bundesland. Die Anfängerquote wird beeinflusst durch Anfänger aus dem jeweiligen Bundesland, Anfänger aus anderen Bundesländern - im Falle der Stadtstaaten insbesondere aus dem Umland - sowie Anfänger aus dem Ausland. Nicht enthalten sind Anfänger aus dem jeweiligen Land, die in anderen Bundesländern ein Studium oder eine höhere berufliche Qualifikation begonnen haben.
Insgesamt profitieren die Stadtstaaten besonders von Anfängern aus den angrenzenden Flächenländern sowie dem Ausland, die dort einen tertiären Bildungsgang beginnen.
Eine hohe Anfängerquote und der Einfluss von Anfängern aus dem Um- und Ausland spricht für die Attraktivität der Hochschulen bzw. der Meister-Techniker- Erzieherausbildung in dem jeweiligen Bundesland.“ (Destatis nach Anfrage zur „Interpretation des Indikators“; Hervorhebung durch BIAJ) (BIAJ, 26. September 2019)

(1) „Bremer streben hohe Abschlüsse an“ (Weser-Kurier)
(2) „Immer mehr Bremer streben hohe berufliche Abschlüsse an“: „In der Hansestadt beginnen 82 Prozent eines Jahrgangs hochqualifizierende Ausbildung“ (buten-un-binnen)
(3) Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich 2019 (Destatis)
(4) International Standard Classification of Education (= Internationale Standardklassifikation des Bildungswesens)

(5) Anmerkung: Erstaunlich, dass dies dem Statistischen Landesamt Bremen nicht bekannt war. Es hatte auf BIAJ-Anfrage am 13.09.2019 mitgeteilt: „Betrachtet wird dabei die Bevölkerung mit Wohnsitz im jeweiligen Land. Für Bremen bedeutet das, dass „einpendelnde“ Studierende, die in Niedersachsen wohnen, nicht in die Berechnung eingehen.“ Dies war offensichtlich unrichtig. Ob dies auch den berichtenden Medien so mitgeteilt wurde, ist dem BIAJ nicht bekannt.